Seit 1989/90 haben sich die Rahmenbedingungen des literarischen Lebens in Zentraleuropa sehr stark verändert. Während die regionalen und vor allem die nationalen Grenzen an Bedeutung verlieren, erhält der (von Wolfgang Welsch entwickelte) Begriff der Transkulturalität immer größeres Gewicht: Neue kulturelle Entwicklungen (wie die Explosion der
Bewusstseinsindustrie in der Internet-Community, die im Vergleich zu früher enorm gestiegene Mobilität der Schriftsteller/innen, die intensive Vernetzung der Literaturen – Stichwort Intertextualität – und die Verbindung der Literatur mit den neuen Medien … von den großen Migrationsströmen noch gar nicht zu reden) rücken die alten, vertrauten Rahmenbedingungen, darunter auch die Gegensätze zwischen den Kulturen, zwischen dem ‚Eigenen’ und dem ‚Fremden’, zwangsläufig ganz in den Hintergrund.
Angesichts dieser Prozesse müssen auch die (regionalen) Literatur-gesellschaften ihre Leitlinien und Aufgaben überdenken, sie müssen sich neuen Herausforderungen stellen. – Der Vortrag bietet unter den hier genannten Vorzeichen einen Rückblick auf die Rolle der Literaturgesell-schaften in früheren Zeiten und vor allem einen Ausblick, einen Ausblick auf die Erwartungen, die einerseits das Publikum und andererseits ins-besondere junge Autorinnen und Autoren an Literaturgesellschaften herantragen.